Blog schreiben, wie man spricht? "Also ich sach mal so ..."

Von Mirja Stöcker
"Schreibe, wie du sprichst!" Diesen Tipp an alle, die einen Blog schreiben wollen, lese ich immer wieder. "Dat is ja´n Ding", denkt die gebürtige Wuppertalerin in mir. "Wenn die wüssten ..."

Mit Rezepten, wie Sie einen guten Blog schreiben, sind Sie wahrscheinlich längst versorgt. Ein guter Koch oder eine gute Köchin sind Sie - mit Verlaub - deswegen noch lange nicht. Und überhaupt ist das mit den Rezepten im Marketing so eine Sache. Der Lieblingssatz meiner ehemaligen Marketing-Dozenten lautete jedenfalls: "Es kommt darauf an." Und so beliebig er klingt, so wahr ist er leider für uns Werbetreibende. Rezepte sollten wir nicht abarbeiten. Mit Rezepten müssen wir spielen lernen. Sie situativ abwandeln, kreativ weiterentwickeln oder kombinieren - das macht gute Kochkünstler aus. Also: Wie ist das jetzt mit der gesprochenen Sprache, wenn Sie einen Blog schreiben möchten?

Ein guter Blog ist ...

Vermutlich bin ich nicht die Einzige, die nicht permanent druckreife sprachliche Finessen von sich gibt, wenn sie den Mund aufmacht. Aber meine Rettung: Ich bin Texterin. Da trage ich die Korrekturzeichen sozusagen immer einsatzbereit in der Handtasche. Und die kleinen sprachlichen Ungereimtheiten werden für die meisten unbemerkt sogleich vom inneren Rotstift ausgebügelt und an ihren Platz im Satz verwiesen. So zu schreiben, wie man spricht, kann hingegen ganz schön nach hinten losgehen. "Einspruch", werden die für die Schreibtipps zuständigen Kolleginnen und Kollegen jetzt sagen, "es geht ja vor allem darum, nicht so gestelzt zu schreiben, sondern ansprechend und aufgelockert." Ach so. Man nehme also kurze Sätze, interessante Fragen, eine Pausen-Prise, ein paar nette Anekdoten und einige gekonnt eingestreute Wörter aus der Umgangssprache. Gut umrühren nicht vergessen! Hilft es Ihnen weiter, wenn ich das jetzt noch auf ein paar Hundert Wörter aufblase und als Checkliste zum Download anbiete?

... nicht aus jedem Problem einen Hammer zu machen

Eine Checkliste kann dem Umstand gar nicht Rechnung tragen, dass erst ihre kreative Abwandlung ein gutes Ergebnis macht. Die Schweizer Marketing-Koryphäe Jean-Paul Thommen hat schon vor Jahren am Rezeptdenken vieler Marketer gerüttelt. In seinen Seminaren entführt Thommen Manager und Werbemacher auf einen philosophischen Ausflug in den Konstruktivismus. Während Wirklichkeitskonstruktion die ureigenste Aufgabe von Marketing ist, scheinen viele Marketer nämlich selbst an objektive Wahrheiten (der eigenen Denkschule) zu glauben. Thommen erinnert gern daran, dass Unternehmen nicht-lineare komplexe Systeme in einer komplexen Umwelt sind. Kochrezepte seien daher immer zu einfach. Das gilt auch fürs Texten. Immer gern zitiere ich aus Thommens Seminar den Satz:

Wenn Sie in Ihrem Werkzeugschrank einzig und allein einen Hammer haben, dann werden Sie in jedem Problem einen Nagel sehen. Denn etwas anderes als Nägel einschlagen können Sie mit einem Hammer nun einmal nicht. (Jean-Paul Thommen)

Doch die Resistenz gegen derlei Irritationen ist groß. Deshalb sind Checklisten so beliebt. Deshalb werden sie viel zu selten abgewandelt. Deshalb lesen sich die meisten Blogs, als wären sie geklont.

21.03.2018

Kategorie: Bloggen

Tags: Unternehmensblog