Kunden duzen oder siezen? Hauptsache konsequent!

Von Mirja Stöcker
Immer mehr Firmen duzen ihre Kunden. Jedenfalls teilweise. Wer mit dem Gedanken spielt, vom Siezen aufs persönlichere Du umzustellen, sollte einiges bedenken. Und vor allem dazu stehen. Dass viele Unternehmen vom Du ins Sie zurückfallen, sobald mal eine Zahlung vergessen wird, ist inkonsequent und latent beleidigend.

Kunden duzen ist im Trend? Das heißt noch gar nichts.

Ikea hat es vorgemacht, Otto, Xing & Aldi tun es jetzt auch: Sie duzen Kunden statt zu siezen. Ist das Sie passé? Müssen moderne Unternehmen nachziehen? Nein, keineswegs. Kunden zu duzen ist nicht die einzige Möglichkeit, persönlich zu kommunizieren. Und noch immer gibt es in Deutschland viele Menschen, die das Sie als höflicher erleben. Einfach ist die Entscheidung fürs Du also nur bei richtig jungen Zielgruppen. Für alle anderen gilt: Das Du kann polarisieren. Ob Sie als Unternehmen damit umgehen können und wollen, sollten Sie sich daher vorher genau überlegen. 

Starke Marken müssen bekanntlich nicht jedem gefallen. Daher ist die eigene Markenidentität letztlich für die Entscheidung ausschlaggebend. Passt das Du einfach besser zu Ihnen und Ihren Kundenbeziehungen? Dann ist es vielleicht der richtige Weg. Aber Vorsicht: Vor der Entscheidung sollte an alle Kanäle und Touch Points gedacht werden. 

 

Duzen im Mahnschreiben – geht das zusammen?

Bleiben wir beim Beispiel Otto. Hier wechselt man gegenüber Kunden bei Zahlungserinnerungen und Mahnungen wieder zum Sie. Und viele andere Unternehmen tun das auch. Warum nur? Als wäre es unmöglich, Kunden zu duzen und dennoch schwierige Themen zu besprechen. Otto behauptet, das Du passe zur persönlichen und fairen Marke. Warum hören Persönlichkeit, Fairness und Empathie dann auf, wenn etwas Heikles anzusprechen ist? Und warum wird eine Zahlungserinnerung überhaupt zu etwas derart Heiklem aufgebauscht?

Den Rückzug ins Distanzierte, sobald es ein bisschen schwierig wird, finde ich persönlich unreif. Er wirkt beleidigt und auch beleidigend. Ist es nicht menschlich, mal eine Rechnung zu vergessen? Kann eine angemahnte Person nicht in ernsthaften persönlichen Schwierigkeiten stecken, die einem auch leid tun können? Wer sich in der Kommunikation mit Kunden fürs Du entscheidet, sollte nicht "Liebesentzug" praktizieren. Das grenzt ans Manipulative. Nur ein klitzekleines Problemchen, und schon ist der Kunde bloß noch juristisches Gegenüber? Damit ist jedwede Duzerei als oberflächliches, unglaubwürdiges Marketingtamtam entlarvt.

Sprache gestaltet immer Beziehungen. Wenn wir uns aber schon so bewusst damit auseinandersetzen, wie wir sprachlich unsere Kundenbeziehungen gestalten wollen, dann sollten wir das konsequent zu Ende denken. Und uns wie erwachsene Menschen verhalten. 

 

Schwieriges kommunizieren und duzen, aber wie?

Ob Kündigung oder Mahnung - es gibt Themen, die machen keinen Spaß. Egal, ob man Kunden duzt oder siezt. Wertschätzend und dennoch eindringlich kann man aber in beiden Varianten kommunizieren. Schließlich gilt für schwierige Gespräch auch ganz allgemein: Themen konkret ansprechen, dem Gegenüber keine Vorwürfe machen, sondern Bitten direkt vortragen. Ob Duzen oder Siezen, da gibt es keinen Unterschied. 

Sind Sie unsicher, wie das klingt? Dann testen Sie alle kritischen Textformen und Kommunikationsanlässe vor der Umstellung aufs Du am besten mal aus. Lassen Sie Ihren Texter eine Du-Mahnung passend zu Ihrer sonstigen Corporate Language verfassen. Legen Sie vergleichend die Sie-Version daneben. Und wenn Sie jetzt wirklich Bauchschmerzen haben beim Du, dann lassen Sie es besser bleiben.

 

Fazit

Es kann viele Gründe geben, die fürs Duzen sprechen. Und viele fürs Siezen. Wichtig ist vor allem, sich vor einer Veränderung zu fragen, ob man bereit ist, die gewählte Anrede durchzuziehen. Das Duzen an reine Werbekumpanei und anbiederndes Marketingsprech halte ich für schwierig. Wenn hingegen wirklich eine Haltung hinter dem Du steckt, dann hört die nicht nach einer vergessenen Überweisung auf.

 

Denken Sie gerade über Sie und Du in der Kundenkommunikation nach? Dann lassen Sie uns doch einfach mal sprechen.

08.11.2022

Kategorie: MarketingkommunikationKommunikation