Corporate Language Konzept: endlich unverwechselbar werden
Corporate Language: Definition
Corporate Language, häufig auch als Corporate Wording bezeichnet, steht für den individuellen und differenzierenden Sprachstil eines Unternehmens. Im Corporate Language-Konzept definiert ein Unternehmen, wie und mit welchen sprachlichen Techniken kommuniziert werden soll. Von wachsender Bedeutung ist Corporate Language, weil in Zeiten medialer Überflutung der Wettbewerb um Aufmerksamkeit dem Wettbewerb um Kaufkraft vorausgeht. Und weil über alle Kommunikationskanäle hinweg Konsistenz gewährleistet sein muss.
Corporate Language differenziert
Wo Differenzierung über Produkte und Dienstleistungen und sogar über Qualität und Service immer schwieriger wird, kann eine vom Texter definierte, unverwechselbare Corporate Language den entscheidenden Unterschied machen. Denken wir an IKEA. Konsequentes Duzen, große Nahbarkeit, schwedisch klingende Aussprache und unverwechselbare Produktnamen: Hier wurde eine besondere Erkennbarkeit geschaffen. Erstaunlich, dass nur wenige Unternehmen in Corporate Language investieren. Häufig wird noch immer geschrieben, was die Finger auf der Tastatur so erwischen. Kein Wunder, wo mit Cents pro Wort kalkuliert wird. Da ist zum Denken keine Zeit. Dabei ist das Potenzial riesig.
Corporate Language aus dem Markensteuerrad
Egal, ob ein Unternehmen selbst textet, texten lässt oder sogar mehrere Texter mit der Contenterstellung beauftragt – das ideale Corporate Language-Konzept braucht nicht epische Breite, sondern klare Ansagen für Texter oder solche, die es im Unternehmensalltag werden müssen. Wenige plausible Grundsätze sind das Ideal. In der Praxis braucht es meist auch noch eine Reihe von konkreten Beispielen.
Die wirklich differenzierende Unternehmenssprache entsteht aber erst auf Basis einer fundierten Corporate Identity. Wenn man die in einem Markensteuerrad übersichtlicht zusammenfasst, ist das eine gute Grundlage. Aus dem Markenrad lässt sich erst ein Gesamtwerk ableiten: Denn Corporate Language muss selbstverständlich zum Corporate Design und zum Corporate Behaviour passen. Wenn beispielsweise Tradition zum Markenkern gehört und eine klassische Serifenschrift gewählt wurde, kann ich keine unkonventionelle oder vertraute Tonalität wählen.
Den detaillierten Corporate Language Prozess habe ich hier beschrieben.
Ein Corporote Language-Konzept muss Spaß machen
Aber was gehört nun in ein Corporate Language-Manual? Zunächst einmal braucht es einen motivierenden Rahmen. Wer gleich zu Beginn etwas von Verständlichkeitskonzepten und deren systemlinguistischer Umsetzung liest, wird als Anwender nicht abgeholt. Neben der exakten Schreibanleitung sollte das Konzept in der Lage sein, den Texter in eine bestimmte Stimmung zu versetzen. Atmosphärische und individuelle Leitsätze können hier helfen, das richtige Gefühl fürs strategische Schreiben zu bekommen. Idealerweise enthält das Corporate Language-Manual ein Motto, aus dem sich alle Schreibregeln im Detail ableiten lassen. Darauf aufbauend kann man aufdröseln, mit welchen sprachlichen Mitteln das alles vonstatten gehen soll. Hier macht es Sinn, dreistufig vorzugehen: Es wird definiert, wie Verständlichkeit hergestellt werden soll (erhellend), wie Empfängerorientierung erreicht wird (einfühlsam) und wie Erkennbarkeit erzeugt wird (einzigartig).
Verständlich schreiben
Okay, dieser Punkt klingt selbstverständlich. Und wenn in einem Corporate Language-Konzept nicht mehr drinsteht, als dass Satz- und Wortmonster zu vermeiden seien, ist auch nichts gewonnen. Die Praxis zeigt aber, dass auch Selbstverständlichkeiten oft nicht umgesetzt werden. Eine Corporate Language muss also bis aufs Wort runterbrechen, wie Verständlichkeit hergestellt werden soll. Für die meisten Autoren sind konkrete Beispiele hilfreich: Wie man es nicht machen soll und wie man es stattdessen machen soll. Ich weiß von Autoren, die das Corporate Language-Konzept als Checkliste immer neben der Tastatur haben. Und Punkt für Punkt ihre Texte auf die No-Gos abklopfen und umformen. Das macht Sinn. Und so konkret muss es sein.
Corporate Language Beispiel: Verben statt Nominalkonstruktionen
Das Wort "Nominalkonstruktion" zu benutzen, heißt schon die Regel vom verständlichen Schreiben zu brechen. (Mein Content-Assistant straft mich umgehend mit einem schlechten Lesbarkeits-Index.) Aber so nennt man das nun mal: Wir verwenden im offiziellen Sprachgebrauch gerne Nomen, die die Rolle von Verben übernehmen, dann aber ein weiteres Verb nach sich ziehen. "Die Zustellung des Pakets erfolgt morgen." Direkter formuliert könnte der Satz lauten: "Morgen wird das Paket zugestellt." Elegant wäre das immer noch nicht, weil der Satz passivisch formuliert ist statt aktivisch. Man könnte also nochmals verbessern: "Morgen kommt Ihr Paket!" Klingt gleich ganz anders, oder? Nicht nur, weil der Satz jetzt im Präsens aktiv formuliert ist, sondern auch, weil das Gegenüber direkt angesprochen wird. Wenn ich das als Empfängerin lese, habe ich den Sinn schneller erfasst, und es kommt auch noch Vorfreude auf!
Auf die Empfänger ausrichten
Einfühlsam schreiben meint hier nicht unbedingt sensibel. Es kommt darauf an, sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen und eine psycholinguistisch ausgerichtete Sprache zu erarbeiten. Die kann vorsichtig, laut, frech, witzig, seriös oder vertraut sein. Heute gilt es als State of the Art, dass "emotional" geschrieben wird. Wir wissen schließlich, dass Käufer keine rein rationalen Wesen sind, sondern emotional entscheiden. Interessant wird es jedoch erst, wenn greifbar ist, mit welchen sprachlichen Mitteln Emotionalisierung stattfinden soll. Das ist nämlich richtig schwierig.
Zum Beispiel emotionale Sprache
Schauen Sie sich doch mal die "Stages" auf dieser Website an (die großen magentafarbenen Intros auf jeder Seite). Hier lesen Sie zum Beispiel eine reduzierte und teils außer Kraft gesetzte Syntax: Unvollständige Sätze werden zum Stilmittel. Sätze dürfen sogar mit Konjunktionen beginnen, auf Prädikate und Subjekte verzichten. Und ausgerechnet diese zerhackstückte Grammatik wirbt für guten Text! Warum das emotionalisiert? Weil niemand, der starke Gefühle empfindet, in lehrbuchmäßigen Sätzen redet. Die gekonnte Außerkraftsetzung der Regel wird jedoch mit viel Aufwand durchgestylt. Um die richtige Portion Atemlosigkeit zu erzeugen, braucht ein Texter ein außergewöhnlich gutes Gehör. Sprache und Musik haben nämlich viel gemeinsam. Ich lese mir oder jemand anderem jeden Text laut vor, um Rhythmus und Sound zu testen. Oder lasse es mir vorlesen, um zu prüfen, ob es nur bei meiner Art zu betonen funktioniert.
Zugleich ist dieser reduzierte Stil noch etwas anderes: ein wenig avantgardistisch. Diese Stilwahl ist auf die Empfänger ausgerichtet, weil die in meinem Fall häufig in Marketingabteilungen arbeiten oder mal ein Unternehmen gegründet haben (so wie Sie vermutlich). Sie haben einen Sinn für Eigenständigkeit, Ästhetik und erwarten von Textern Kreativität. Dass ein Texter Standard kann, ist schließlich selbstverständlich. Umso lustiger, dass man auf Webseiten von Textern dennoch so viel Standard liest.
Zum Beispiel geschlechtergerechte Sprache
Zur Ausrichtung auf die Empfänger gehört auch die Frage, wie Sie mit dem Thema Sprache und Gender umgehen möchten. Aus linguistischer Sicht sage ich klar: Verständlichkeit und schnelle Erfassbarkeit gehen vor. Und damit kommt das Gendersternchen eher weniger in Frage. Das hat übrigens kürzlich auch die Gesellschaft für deutsche Sprache bekräftigt und ihre Auffassung detailliert begründet. Für die Kritiker nehme ich vorweg: Unsere Sprache ist so vielfältig, dass wir uns gar nicht zwischen schwarz und weiß entscheiden müssen. Hier braucht es meistens einen Mittelweg aus geschlechtergerechter und sprachökonomischer Kommunikation, wozu Sie allerdings einen eigenen Blogbeitrag lesen können, wenn Sie mögen.
Erkennbar sein
Die Unverwechselbarkeit ist das eigentlich Neue an moderner Corporate Language. Es werden Marker entwickelt, die möglichst von niemandem sonst verwendet werden. Corporate Language-Marker sind zum Beispiel: Love-Words, Dialekt, Stilmittel oder auch spezielle Gruß- und Verabschiedungsformeln. Je mehr Mut, desto mehr Erkennbarkeit. Selbstverständlich muss man hier im Sinne der Markenidentität abwägen. Meistens ist aber nicht zu viel Mut das Problem, sondern zu wenig. Erfolgreiche Marken jedoch versuchen gar nicht erst, es jedem recht zu machen. Coca Cola muss die Befindlichkeiten von Bioladen-Kunden nicht berücksichtigen. Und eine erfolgreiche Vegi- und Biomarke wie Taifun Tofu strebt nun mal eher nach Nachhaltigkeits- als nach Gourmetpreisen. Wer erkennbar ist, ist niemals everybody´s darling. Und wer das sein will, den nimmt niemand mehr wahr.
Zum Beispiel: Wortschöpfungen
Das Faszinierende an der deutschen Sprache ist die kinderleichte Art, so genannte Neologismen zu kreieren. Wir können neue Wörter schaffen, indem wir vorhandene Versatzstücke neu kombinieren: So wird aus "Wie Leder" zum Beispiel die Marke "Vileda". Wir smsen, threemen, googlen, mailen, fonen. Nach diesem Prinzip können auch für Werbezwecke oder die Corporate Language systematisch neue, einprägsame Wörter gebildet werden. Schon vor vielen Jahren warb Schweppes einprägsam: Heute schon geschweppt?
Fazit: Einmal denken, immer gute Texte schreiben
Ja, Corporate Language braucht viel Hirnarbeit. Sie ermöglicht aber faszinierende Umsetzungen, die in ihrer Einzigartigkeit, Zielorientierung und Effektivität sonst niemals möglich gewesen wären. Und wo viel Content produziert wird, spart die Investition reichlich Folgeressourcen. In Zeiten von Content Marketing also fast überall.
PS: In großen Unternehmen werden für bestimmte Bereiche auch eigene Kommunikationsformen gewünscht. Für eine Bank habe ich beispielsweise im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements eine ganz eigene Kommunikationsform entwickelt, mit der jetzt schon über Jahre interne Kanäle bespielt werden. Auch das kann Sinn machen.
Mehr über meine Corporate Language Agentur erfahren Sie hier.
Oder Sie schauen gleich meine Corporate Language Beispiele an.